e-Autobesitzer, die nicht über eine eigene Wallbox verfügen, weil sie beispielsweise in einer Mietwohnung leben, sind auf öffentliche Ladepunkte angewiesen. Doch nicht immer befindet sich eine der begehrten Ladesäulen um die Ecke. Und wenn, ist die Ladezeit auf wenige Stunden begrenzt. Das kann dann nach Feierabend schon mal zu nächtlichen Rangierfahrten führen. Wie einfach wäre doch die Möglichkeit direkt am Parkplatz an der Straße laden zu können. Straßenlaternen böten sich dazu an, denn diese sind in einer Vielzahl vorhanden und am Stromnetz angeschlossen. Warum nutzen wir diese gut erreichbaren Stromquellen viel zu selten?
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Pilotprojekte in Berlin und NRW
Berlin hatte schon vor langer Zeit die Idee, bereits vorhandene Straßenlaternen als Stromlieferanten für e-Autos anzubieten. Allein die Umsetzung gestaltet sich schwieriger als gedacht. Die Umsetzung des Plans, in Berlin über 1.000 Laternenladepunkte zu errichten, verläuft offenbar sehr schleppend und teilweise am Bedarf vorbei. Laut einem Medienbericht sind bislang nur 58 Exemplare installiert – 48 in Steglitz-Zehlendorf und 10 in Marzahn-Hellersdorf. Die Berliner Zeitung berichtet, dass aber bis Ende 2023 die Errichtung von bis zu 1.000 Laternenladern durch die Shell-Tochter Ubitricity erfolgen soll. Das gesamte Projekt erfolgt unter dem Forschungstitel EIMobileBerlin.
Auch in NRW gibt es vereinzelte Pilotprojekte. In Dortmund wurden über das vom Bund geförderte Forschungsprojekt NOX-Block bereits 320 Straßenlaternen im öffentlichen Raum umgerüstet. Die hellgrünen Straßenlaternen sollen in der Lage sein, e-Autos mit bis zu 11 kW laden zu können. Neben Dortmund machen auch die Städte Schwerte und Iserlohn mit. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch die TU Dortmund und die Bergische Universität Wuppertal, die die Auswirkungen auf das Stromnetz und lokale Stickoxid-Emissionen untersuchen.
Auch die Hochschule Koblenz hat ein Verfahren zur Aufrüstung von Laternen entwickelt, das sogar ein schnelles Laden von e-Autos ermöglichen soll. Im Juli 2021 meldete sie ein Patent an, das bis zu 102 kW Ladeleistung an Laternen ermöglicht.
Wie kann ich mein e-Auto an der Straßenlaterne laden?
Variante 1: das SmartCable
Die umgerüsteten Straßenlaternen haben zusätzlich eine wettergeschützte Steckdose, an der das e-Auto mit einem SmartCable angeschlossen werden kann. Das spezielle Ladekabel identifiziert den Nutzer automatisch und garantiert eine sichere Abrechnung. Der im Laternenmasten eingebaute, geeichte Stromzähler registriert die genaue Menge der gezapften Energie und übermittelt die Daten via Mobilfunk an das Unternehmen, das dem Nutzer am Ende des Monats eine exakte Rechnung über den von ihm verbrauchten Strom schickt. Durch das individuelle Kabel ist gewährleistet, dass auch mehrere unterschiedliche Personen den Ladepunkt nutzen können.
Das Kabel bietet noch einen weiteren Vorteil: Nutzer können den Stromanbieter selbst aussuchen, auch wenn sie nicht zu Hause laden. Das SmartCable macht es möglich, direkt für das Ladekabel einen Stromvertrag abzuschließen. So wählen Kunden auch beim öffentlichen Laden selbst den Anbieter nebst Stromtarif und erhalten Kostentransparenz.
Variante 2: Ladepunkt HEINZ
Ubitricity rüstet derzeit in Berlin 1.000 Laternen mit einem zusätzlichen Modul aus. "HEINZ" wird direkt an den Masten montiert, was das Laden an der Straßenlaterne vor der eigenen Haustür ermöglicht. Die Standorte sind in den gängigen Ladesäulen-Apps verzeichnet. Hier verwendet der e-Auto-Besitzer sein eigenes Typ-2-Ladekabel. Die Autorisierung erfolgt Ad-Hoc mit der eigenen Kreditkarte oder einer RFID-Ladekarte, bzw. über die Shell-Recharge-App. Eine Abrechnung erfolgt auf Basis der gelieferten Strommenge. Die entnommene Leistung kann man am eingebauten Zähler überprüfen.
Der Laternenladepunkt liefert in der Standardversion zwischen 2,3 und 3,7 kW. Das bedeutet eine längere Ladezeit, etwa über Nacht. Vorteil: die Batterie wird sehr schonend geladen. Ubitricity bietet allerdings auch eine leistungsstärkere Variante mit bis zu 11 kW an.
Alternative: Laden am Bordstein
Rheinmetall hat eine Ladeinfrastruktur vorgestellt, die kaum Platz benötigt und kaum auffällt: Der sichtbare Teil ist im Bordstein untergebracht, wie der Konzern mitteilte. Die Ladebordsteine sind für das Laden mit Wechselstrom bis zu 22 kW ausgelegt. Eine waagerechte Ladeeinheit ist anstelle der Bordsteinkante im Gehweg verbaut. Das e-Auto kann direkt an Ort und Stelle parken und laden. Aktuell werden Langzeittests unternommen, bevor die Ladebordsteine in einem Pilotprojekt im öffentlichen Raum zum Einsatz kommen sollen.
Die Zukunft des Ladens: einfach und verfügbar
Welche Systeme zukünftig auch immer an unseren Straßen zu finden sein werden: Die Nutzung muss einfach, transparent und vor allem verfügbar sein. Nur dann ist eine umfassende Ladeinfrastruktur praktikabel.
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