Die Elektromobilität nimmt Fahrt auf. Immer mehr elektrische Fahrzeuge prägen das Verkehrsbild, doch deren Nachhaltigkeit wird oft angezweifelt.
Mitte 2022 fuhren rund 834.000 vollelektrische Pkw, das sind ca. 1,4 % der in Deutschland fahrenden Autos. 15 Millionen vollelektrische Pkw sollen es bis zum Jahr 2030 sein – 30 Prozent der dann auf den Straßen befindlichen Pkw – so die Pläne der Bundesregierung im Koalitionsvertrag.
Die Bedenken gegenüber der neuartigen Technologie sind heute die gleichen wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Elektromobilität ist zu teuer, Reichweiten sind zu gering, die Ladeinfrastruktur ist unzureichend und der Beweis der Nachhaltigkeit wird angezweifelt. Über die Mythen der Elektromobilität haben wir bereits hier berichtet. Doch das Negativbild der e-Mobilität rührt von veralteten Studien her, die längst überholt sind. Wie nachhaltig ist Elektromobilität? Gehen wir der Sache mal auf den Grund.
Lebensdauer einer Batterie
Ein Elektroauto fährt im Schnitt 8 bis 10 Jahre oder 160.000 km bis die Batterieleistung signifikant sinkt. Einige Hersteller wie Lexus oder Mercedes versprechen noch längere Lebensdauern. Die Langzeittests sind noch nicht abgeschlossen, denn die Pionier-Fahrzeuge der ersten Stunde fahren immer noch auf der Straße. Renault hat kürzlich darauf verwiesen, dass 99 % alle Akkus der seit 2013 verkauften Renault Zoe Modelle noch intakt sind.
Die Batterien sind qualitativ so hochwertig, dass sie locker 8 Jahre und länger halten, ehe sie ausgetauscht werden sollten. Neuere Studien, z. B. von der TU Eindhoven, zeigen, dass die Akkus in e-Autos viel länger durchhalten als gedacht. Die Fachleute gehen von Laufzeiten von bis zu 500.000 Kilometern aus, bevor die Kapazität unter 70 % fällt. Dabei fahren PKW in Westeuropa im Schnitt 250.000 km, bis es verschrottet wird. Auch eine aktuelle Untersuchung der TU München lässt auf ein längeres Akkuleben hoffen, als von vielen befürchtet. Es zeichnet sich also ab, dass die Batterien deutlich länger halten als die Verweildauer des e-Autos im hiesigen Straßenverkehr.
Second-Life – ein zweites Leben für e-Auto-Batterien
Vattenfall, BMW und Bosch haben das Projekt „Second-Life-Battery“ auf dem Gelände des Hamburger Hafens ins Leben gerufen. Hier werden alte Auto-Batterien aus BMW-Modellen zusammengefügt. Ein Konverter wandelt den Gleichstrom der Batterien dann in Wechselstrom, der ins Netz eingespeist werden kann. Und zwar als Strom, der nicht dem direkten Verbrauch dient, sondern die Spannung im Stromnetz stabil halten soll. So werden Spannungsschwankungen verhindert.
In seinem Leipziger Werk nutzt BMW einen stationären Speicher aus alten BWM i3 Akkus, um den selbst erzeugten Solar- und Windstrom effektiv bei der Produktion einzusetzen.
Auch in Herdecke hat RWE einen Energiespeicher aus sechzig gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien von Audi in Betrieb genommen. Dieser bietet eine Speicherkapazität von rund 4,5 MWh. RWE rechnet je nach Verwendung mit bis zu zehn Jahren Restlebensdauer der aus Entwicklungsfahrzeugen stammenden Batterien. RWE beziffert unter Verweis auf Experten das Marktpotenzial der Second-Life-Speicher in Europa bis 2030 auf 8 GWh.
Batterierecycling ist schon jetzt möglich.
Nachdem Akkumulatoren nach ihrem aktiven Einsatz noch als Speichermedien für PV-Anlagen oder durch Windenergie erzeugten Strom gedient haben, können sie danach dem Recycling zugeführt werden. Es gibt inzwischen mehrere Unternehmen, die sich dem Batterierecycling widmen.
Die Batterieeinheiten werden in ihre Bestandteile zerlegt. So können die verwendeten Komponenten Rohstoffe Graphit, Mangan, Nickel, Kupfer, Aluminium, Kobalt und Lithium wieder separiert und wiederverwendet werden, um neue Antriebsbatterien zu bauen.
Laut der Beratungsfirma Circular Energy Storage wird die weltweite Batterie-Recyclingkapazität zwischen 2021 und 2025 um fast das Zehnfache ansteigen und voraussichtlich schon in diesem Jahr das verfügbare Schrottangebot übersteigen. Wir werden also eher in Zukunft das Problem haben, dass die Batterien zu lange halten, bis sie in den Recycling-Kreislauf übergehen. (Quelle: Bloomberg)
Wie nachhaltig und klimafreundlich ist Elektromobilität?
Über den gesamten Lebenszyklus eines Pkw sind Elektrofahrzeuge bereits heute 20 bis 30 % klimafreundlicher als benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge. Das zeigen Studien, die die Rohstoffgewinnung, die sowohl die Herstellung der Bauteile und des Fahrzeugs, seine Nutzung als auch das Recycling einbeziehen.
Einer Studie des ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg zufolge haben Elektroautos in allen Nutzungsszenarien eine bessere CO2-Bilanz als Verbrenner, teilweise sogar schon nach wenigen zehntausend Kilometern
Berechnungen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2021 zeigen: Ein Elektroauto, das 2025 neu zugelassen wird, verursacht über seinen Lebensweg 32 % weniger CO2-Emissionen als ein moderner Diesel. Verglichen mit einem Benzinauto sind es sogar 40 %.
Entscheidend ist aber auch, aus welchen Quellen der Strom stammt, mit dem das e-Fahrzeug geladen wird. Es gilt: Je „grüner“ der Strom, umso geringer die CO2-Bilanz. Denn, so eine Studie des Fraunhofer Instituts von 2020, der Einsatz von Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen sowie die Nutzung von PV-Anlagen verbessern nicht nur Ökobilanz und Nachhaltigkeit vom Elektroauto, sondern führen auch insgesamt zu einem Wachstum erneuerbarer Energiekonzepte. Der richtige Strommix hat allerdings auch bei der Batterieherstellung eine entscheidende Rolle.
Akkuherstellung „verheizt“ Energie
Allein die Produktion der Batterien beeinflusst die Treibhausgasbilanz maßgeblich negativ. Entscheidend hierbei ist die Batteriekapazität. Wird die Fahrzeugbatterie eines Mittelklasse-Pkw eher etwas kleiner gewählt (40 kWh) muss ein in 2019 gekauftes BEV rund 52.000 km fahren, damit seine Treibhausgasbilanz gegenüber einem vergleichbaren Benzin-Pkw positiv wird. Anders bei einem Oberklassefahrzeug. Mit einer Batteriekapazität von 120 kWh müssen gegenüber einem vergleichbaren Diesel-PKW schon rund 230.000 km zurückgelegt werden, um eine positive Bilanz zu erreichen.
Die enormen CO2-Emissionen, die bei der Batterieherstellung entstehen, resultieren aus dem hohen Energieaufwand bei Thermofixierungen und Trocknungsverfahren. Diese beanspruchen einen hohen Strombedarf. Wird dieser jedoch aus erneuerbaren Energien gespeist, verringert sich die CO2-Belastung entscheidend, was eine Studie der Universität Trier eindrucksvoll beweist. Dies ermöglicht eine wirkungsvolle Nachhaltigkeit bei der Batterieproduktion.
Elektromobilität als Chance
Ob die e-Mobilität die ultimative Lösung des Klimawandels ist? Wohl eher nicht. Aber sie ist ein wesentlicher Bestandteil in einem umfangreichen Maßnahmenportfolio. Elektromobilität ist eine von vielen Stellschrauben, die akute Umweltbelastung nachhaltig zu beeinflussen. Sie ist ein wichtiger Baustein, um eine klimaschonende Mobilitätswende zu realisieren.