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AutorenbildSilvia Josten

Welche Vorteile haben Elektrofahrzeuge in Städten?

Aktualisiert: 19. Dez. 2023


Parkschild für Elektroautos an öffentlicher Ladesäule

Einige Städte und Kommunen gewähren Elektrofahrern Vorteile bei der Nutzung ihrer Verkehrsflächen. Manche Städte richten Sonderspuren ein oder erlauben kostenfreies Parken. Die gesetzliche Grundlage für diese Bevorrechtigungen regelt das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) vom 12. Juni 2016. Es erlaubt den Kommunen Privilegien für Elektrofahrzeuge zu schaffen und gibt die Richtung vor. Dies soll der Bevölkerung einen Anreiz geben, sich Elektrofahrzeuge anzuschaffen. Doch setzen die Städte diese Vorteile wirklich um? Wir schauen uns das mal genauer an.


Das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) schafft Vorteile für Elektrofahrzeuge

Fahrer von e-Fahrzeugen sollen Vorteile erhalten, um den Umstieg attraktiver zu gestalten. Berücksichtigt werden dabei Elektrofahrzeuge der Klasse Klassen M1 (PKW) und N1 (Nutzfahrzeug bis 3,5t), sofern diese im Inland mit der Fahrerlaubnis B geführt werden dürfen.

Das EmoG berechtigt Kommunen, Maßnahmen zu ergreifen, um gekennzeichnete Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr zu bevorrechtigen. Diese Bevorrechtigungen sind nach § 3 Abs. 4 Nr. 1–4 EmoG die folgenden Bereiche:

  • das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen,

  • die Nutzung von öffentlichen Straßen oder Wegen, die besonderen Zwecken gewidmet sind (Sonderspuren),

  • die Zulassung von Ausnahmen bei Zufahrtsbeschränkungen oder Durchfahrtsverboten und

  • der (Teil-)Erlass von Gebühren bei der öffentlichen Parkraumbewirtschaftung

Vorrangig werden Bevorrechtigungen zum Parken an e-Ladesäulen geschaffen. Ergänzt wurde das EmoG weiterhin durch die 2016 eingeführten Subventionen beim Kauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden und der Befreiung der KFZ-Steuer bis Ende 2030, sofern das Fahrzeug zwischen dem 18.05.2011 und dem 31.12.2025 zugelassen wurde oder wird.


Um die Sonderegeln für elektrisch betriebene Fahrzeuge umzusetzen und zu kontrollieren, sind e-Autos besonders gekennzeichnet. Sie erhalten ein Autokennzeichen-Schild mit dem Zusatzbuchstaben "E".


E-Kennzeichen Nahaufnahme


Was ist entstanden? Ein Flickenteppich aus Privilegien!

Die Umsetzung der Städte erfolgt sehr unterschiedlich. Die Kommunen haben mit dem EmoG einen individuell zu gestaltenden Spielraum erhalten, und den nutzen sie auch. In einem Zwischenbericht vom Dezember 2021 gaben 11 % der befragten 631 Kommunen an, dass Elektromobilität einen sehr hohen Stellenwert habe. Fast die Hälfte der Kommunen setzen zurzeit mindestens einen Bestandteil des Elektromobilitätsgesetzes um. Überwiegend richten die betreffenden Kommunen Bevorrechtigungen für Elektrofahrzeuge beim Parken, meist an Ladesäulen, ein (74 %). Eine Reduzierung der Parkgebühren für e-Fahrzeuge räumen 24 % ein. Die Freigabe von Sonderspuren bzw. die Zulassung von Ausnahmen von Zufahrtsbeschränkungen oder Durchfahrtsverboten findet nur in sechs bzw. sieben Kommunen statt.

Jede Kommune kann nicht nur völlig frei entscheiden, welche Maßnahmen sie für passend und richtig hält, sondern diese auch zeitlich befristen bzw. jederzeit wieder aufheben. Vor allem fürchtet man negative finanzielle Auswirkungen, die etwa durch zusätzliche Beschilderung oder auch erhöhten Kontrollaufwand entstehen könnten


Was gilt wo?

Erste Städte in Niedersachsen nehmen Angebote zum kostenlosen Parken für Elektroautos wieder zurück. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter mehreren größeren Städten.


Vor kurzem hat die Stadt Göttingen entscheiden, dass ab 1. Juli 2023 auch e-Autos in der Stadt auf öffentlichen Stellplätzen Parkgebühr zahlen müssen. In Nordhorn ist das kostenlose Parken seit Anfang Februar Geschichte, in Braunschweig seit Jahresanfang. Der Anreiz sei schlicht nicht mehr notwendig, teilte etwa die Stadt Braunschweig mit, wo das kostenlose Parken 2014 eingeführt wurde.


Hannover hingegen erlaubt es e-Auto-Fahrern noch bis Ende 2026 kostenfrei zu parken.

Auch die Freie und Hansestadt Hamburg hat eine gesetzliche Möglichkeit, die seit dem 1. November 2015 besteht, genutzt. Dort dürfen Fahrzeuge mit e-Kennzeichen im Bereich von Parkscheinautomaten bis zur jeweiligen Höchstparkzeit gratis parken.

Elektrofahrzeuge können in allen von der Stadt München parkraumbewirtschafteten Gebieten im Stadtgebiet zwei Stunden kostenlos parken.


In Dortmund dürfen e-Autos mit e-Kennzeichen auf entsprechend beschilderten öffentlichen Parkplätzen zeitlich unbegrenzt kostenlos parken. Elektrofahrzeuge konnten bis Februar 2023 in Düsseldorf auf allen Parkplätzen mit Parkscheinautomaten kostenlos für jeweilige Höchstparkdauer parken. Vor dem kostenfreien Parken mussten die Fahrzeughalter sich per E-Mail beim Umweltamt einmalig registrieren. Das Privileg kippte der Stadtrat am 2. Februar 2023 mit sofortiger Wirkung. Allerdings bietet die Stadt Umweltfahrspuren an. Die Sonderfahrspuren dürfen von Bussen, Fahrrädern, Taxen und elektrisch betriebenen Fahrzeugen befahren werden. Solche Umweltspuren gibt es auch in Essen, Dortmund und Karlsruhe.


Berlin: Hier dürfen e-Autos nur an Ladestationen kostenfrei parken, wenn gleichzeitig geladen wird. Allerdings plant die Stadt neue Anreize, wie beispielsweise Parkvignetten für Autos mit e-Kennzeichen. In Stuttgart durften bis zum 31.12.2022 Batteriefahrzeuge, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge auf öffentlichen Straßen und Plätzen kostenfrei abgestellt werden. Dieses Privileg wurde jedoch mit Jahresbeginn 2023 wieder abgeschafft.


Einige Städte wie Köln oder Bonn begrenzen das kostenlose Parken für e-Autos während des Ladevorgangs auf eine bestimmte Stundenanzahl. Diese ist je nach Lage unterschiedlich lang. Danach fallen Blockierungsgebühren an. In zahlreichen Städten gibt es inzwischen Zufahrtsbeschränkungen im Innenstadtbereich, jedoch berücksichtigen einige Kommunen auch entsprechenden Ausnahmen für Elektroautos. Derzeit werden vielerorts neue Konzepte entwickelt.


Elektrotaxi in London


Und welche Vorteile gelten für Elektrofahrzeuge in anderen Städten Europas?

Auch andere Länder bieten Nutzern von e-Fahrzeugen Privilegien, allerdings gibt es auch hier wieder Unterschiede. Das gesonderte Kennzeichen für Elektrofahrzeuge wird mittlerweile in den Ländern Österreich, Norwegen und Großbritannien zur Bevorrechtigung eingesetzt. PHEV erhalten jedoch in diesen Ländern, anders als in Deutschland, kein e-Kennzeichen und werden somit zu bestimmten Teilaspekten der e-Mobilität nicht bevorrechtigt.


Österreich

In unserem Nachbarland Österreich erhalten Hybridfahrzeuge keinerlei Vorteile. Reine Elektrofahrzeuge sind sowohl von der Normverbrauchsabgabe (NOVA, fällig bei Erstzulassung eines Fahrzeugs) als auch von der motorbezogenen Versicherungssteuer ausgenommen.

Vorteile:

  • e-Kennzeichen nicht für PHEV

  • Reduzierte Maut für emissionsfreie Fahrzeuge

  • Geschwindigkeitsbegrenzungen von 100 km/h auf einigen Autobahnabschnitten aufgrund von Luftreinhaltungsmaßnahmen gelten nicht für emissionsfreie Fahrzeuge

  • „Right to Plug“ für Wohnungseigentümer


Großbritannien

In Großbritannien gibt es eine Elektrofahrzeugförderung für folgende Fahrzeugkategorien: e-Pkw, e-Motorräder und e-Mopeds, e-Nutzfahrzeuge, elektrische Taxis und e-Lkw (zwischen 3,5 t und 12 t)

Vorteile:

  • Citymaut-Befreiung nur für BEV in London

  • Ausweitung der Clean-Air Zones

  • Einführung eines e-Kennzeichens


Norwegen

Norwegen gilt weiterhin als das Vorreiterland für Elektromobilität in Europa. Hier sind ca. 64 % der neu zugelassen Fahrzeuge reine BEV. Reine Diesel- und Benzinfahrzeuge kommen zusammen nur noch auf 6 % (Stand: September 2021). Aufgrund dieser hohen Verbreitung der Elektromobilität werden Privilegien langsam wieder zurückgenommen.

Vorteile:

  • Mehrwertsteuerbefreiung für BEV und FCEV

  • Keine Bevorrechtigungen für PHEV


Niederlande

In den Niederlanden gibt es aktuell keine zum deutschen Elektromobilitätsgesetz vergleichbare Bevorrechtigungen für Elektrofahrzeuge mehr: beispielsweise hat das kostenfreie Parken zu erhöhtem Parkdruck und der Verletzung des Gleichheitsprinzips geführt und wurde unter anderem in Amsterdam wieder abgeschafft.

Vorteile:

  • Förderung für Elektro-Gebrauchtfahrzeuge

  • Investitionen in Elektromobilität können teilweise von der Körperschafts- und Einkommenssteuer abgezogen werden

  • Senkung der Energiesteuer für öffentliche Ladeinfrastruktur

  • Bewerbungsportal für öffentliche Ladeinfrastruktur

  • Null-Emissionszonen für den städtischen Verteilerverkehr


Informationen zu weiteren Ländern Europas findest du beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.


Parkendes Auto an öffentlicher Ladesäule mit Beschilderung, in Hintergrund rotes Backsteinhaus

Fazit: Es herrscht Verwirrung!

Die Vorteile für Fahrer eines Elektrofahrzeugs sind bisher unübersichtlich und deutschlandweit uneinheitlich geregelt. Eine zentrale Informationsquelle gibt es nicht. Die Möglichkeiten werden von den Städten zu wenig ausgeschöpft. Konzepte zur Neustrukturierung des städtischen Verkehrsflusses scheitern oft schon in der Testphase. Es fehlt an Erfahrungswerten.

Das EmoG soll gemäß § 8 Abs. 2 EmoG mit Ablauf des Jahres 2026 außer Kraft treten. Es wird aber voraussichtlich bis zum 30. Juni 2030 im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 verlängert. Bis dahin sollten sich elektrisch betriebene Fahrzeuge im Markt etabliert haben.

Der Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur ist die Grundvoraussetzung für die Akzeptanz und Zunahme der Elektromobilität. Zur Erreichung der Ziele sollen im Jahr 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte zur Verfügung stehen und ein flächendeckendes Netz von Schnellladepunkten an deutschlandweit 1.000 Standorten entstehen. In den europäischen Nachbarländern sieht es ähnlich aus. Es bleibt zu hoffen, dass nach den jetzt herrschenden Anlaufschwierigkeiten die Elektromobilität ans Rollen kommt.


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