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Das Elektromotorrad mit Stil: Maeving RM1S

Autorenbild: Remo KlawitterRemo Klawitter

Retro Motorrad steht in Berlin vor altem Gebäude und Straßenschild

Die britische Firma Maeving, mit Sitz in Coventry (GB), produziert seit 2020 rein elektrische Motorräder. Nach dem Erfolg der Maeving RM1 in Großbritannien bringt das Unternehmen nun auch die leistungsstärkere Variante RM1S auf den Markt, die es seit 2024 auch in Deutschland zu kaufen gibt.

Maeving verfolgt das Ziel, ein modernes Elektromotorrad zu schaffen, das sowohl in Sachen Design als auch in Bezug auf Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt. Dabei setzt der Hersteller auf einen direkten Vertrieb, der sich von den traditionellen Vertriebswegen etablierter Marken unterscheidet.

Ich habe die Maeving RM1S online bestellt und ausgiebig im Alltag getestet, um herauszufinden, wie sich das Modell in der Praxis schlägt.



Bestellung & Lieferung der Maeving RM1S

Die Bestellung erfolgt problemlos auf der deutschsprachigen Internetseite. Sollten neben den vielen Informationen Fragen offen bleiben kann man sich per E-Mail oder Telefon direkt an Maeving-Deutschland wenden. Preislich startet die RM1S bei 8.995 Euro.

Aus neun schicken Farben kann man seine Wunschfarbe auswählen. Nach einer Anzahlung von 500 Euro bekommt man eine E-Mail, in der man weitere Optionen wie Sitzfarbe, stärkere Federbeine hinten und Schutzbleche aus Carbon auswählen kann. Kurz vor der Auslieferung erfolgt die Restzahlung bequem per Überweisung, und ein Liefertermin wird vereinbart. Auf Wunsch erhält man die Papiere, die für die Zulassung nötig sind, bereits vorab per Post, um die Maeving im Vorfeld anmelden zu können. Am Tag der Lieferung erhält man eine E-Mail mit der Möglichkeit die Lieferung per Live-Standort zu verfolgen – ein wirklich toller Service! Der freundliche Service-Techniker liefert die endmontierte und voll geladene RM1S direkt bis vor die Haustür. Bei der Übergabe erhält man eine umfassende Einweisung und hat die Möglichkeit, offene Fragen zu stellen.

Wie das aussehen kann, könnt ihr euch auf meinem YouTube-Kanal anschauen. 


alt aussehendes

Design & Technik

Der hochwertige Eindruck der Maeving RM1S wird in der Praxis bestätigt – sie wirkt größer und robuster als auf den Bildern. Der präzise geschweißte CroMo-Stahlrahmen ermöglicht eine Zuladung von bis zu 129 kg. Mit ihren 19-Zoll-Laufrädern wirkt das 125er Elektromotorrad der Klasse L3e-A1 deutlich erwachsener und stabiler. Der 7,2 kW (Peak 11,1 kW) starke Radnabenmotor im Hinterrad sorgt für kraftvolle Beschleunigung, während die beiden je 2,73 kWh großen Akkus im verkleideten „Motor“-Bereich für eine aufgeräumte und moderne Optik sorgen. Eine App-Anbindung gibt es leider nicht.

Das 10-Liter, abschließbare „Tank“-Staufach bietet Platz für das Ladegerät sowie einen Winkeladapter für die Ventile. Die Akkus lassen sich entweder direkt im Fahrzeug oder an einer gewöhnlichen Schukosteckdose zu Hause oder am Arbeitsplatz in etwa 5 Stunden vollständig aufladen. Für das Laden an öffentlichen Typ-2-Ladesäulen wird ein Typ-2/Schuko-Adapter benötigt. (die Aufladung geht dadurch jedoch nicht schneller) Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h und einer realistischen Reichweite von rund 100 km eignet sich die Maeving RM1S hervorragend für tägliche Pendelstrecken. Der Einsitzer ist mit den Führerscheinklassen A1, A2, A oder B196 fahrbar.

 



Ersteindruck: leise und feinfühlig

Beim Starten fällt das gut ablesbare, teilanaloge Display auf, das alle wichtigen Informationen übersichtlich anzeigt. Eine Restreichweitenanzeige fehlt zwar, doch die Prozentanzeige hilft hier weiter: pro Prozentpunkt kann man etwa 1 km zurücklegen. Das Licht schaltet sich automatisch ein, und nach dem Freischalten stehen drei Fahrstufen zur Auswahl, die höchste Stufe ist S. Maeving nutzt mit der Motorleistung von 7,2 kW nicht die vollen 11 kW aus, um die Reichweite zu optimieren. Für ein flüssiges Vorankommen fahre ich jedoch meist in Fahrstufe 3.

Der Einzelsitz ist bequem, und durch den langgestreckten „Tank“ sitzt man recht sportlich – kleinere Fahrer müssen sich jedoch etwas strecken. Die Griffe sind mit einer Breite von 9,5 cm fast 2 cm schmaler als bei anderen Herstellern, was bei größeren Händen als Nachteil empfunden werden könnte. Die gummigelagerten Lenkerendenspiegel neigen dazu, bei Kopfsteinpflaster zu wackeln, weshalb sie nach ein paar Kilometern nachgezogen werden sollten. Die runden, silbernen Fußrasten sind optisch ansprechend und bieten, zumindest bei trockenen Bedingungen, guten Halt.

Der Radnabenmotor beschleunigt die 141 kg schwere Maschine gleichmäßig kraftvoll und völlig geräuschlos. Was für eMobilisten reine Freude ist, muss von anderen Verkehrsteilnehmern erst noch „erlernt“ werden – daher ist gerade am Anfang besondere Vorsicht geboten.

Die Leistungsdosierung über den „Strom-Griff“ erfolgt äußerst feinfühlig. Dank der fehlenden Vibrationen, dem Wegfall von Schaltvorgängen und den 19-Zoll-Rädern ist die Fahrt sehr angenehm. Man kann sich problemlos mit anderen Fahrern oder Passanten austauschen und erlebt die Umgebung auf eine ganz neue Art und Weise. Selbst das Rauschen von Blättern und das Singen von Vögeln ist auf einmal zu hören.

 



Komfortabel: Fahrwerk und Bremsen

Vorne sorgt eine gut ansprechende Teleskopgabel mit 110 mm Federweg für eine komfortable Federung. Hinten arbeiten zwei Stoßdämpfer mit einstellbarer Federvorspannung, die einen Federweg von 80 mm bieten. Das Ansprechverhalten hinten ist jedoch etwas „bockig“, was an der höheren Masseträgheit des Hinterrades liegt: durch den Radnabenmotor hat das Hinterrad mehr Masse als bei Fahrzeugen mit Mittelmotor. Dies führt zu einer insgesamt wartungsärmeren Konstruktion (kein Ketten- oder Riemenantrieb), hat aber den Nachteil, dass das Hinterrad weniger feinfühlig anspricht. Hier würde ich mir eine zusätzliche Sattelfederung wie z. B. bei den Royal Enfield Modellen aus dem Jahre 1901 wünschen. Für Personen mit einem Gewicht von über 100 kg empfehle ich die aufpreispflichtigen K-Tech Razor Lite Stoßdämfer.

Für ein Motorrad eher untypisch, verfügt die Maeving RM1S über zwei Bremshebel am Lenker, die ein sogenanntes Kombi-Bremssystem (CBS) steuern – eine Technik, die vor allem im Rollerbereich verbreitet ist. Der rechte Bremshebel betätigt die Vorderradbremse, während der linke Hebel die Bremskraft zu 40 % auf das Vorder- und zu 60 % auf das Hinterrad verteilt. Ein Fußbremshebel entfällt. Ein ABS-System ist derzeit nicht verfügbar, was angesichts der Leistungsdaten meiner Meinung nach nicht zwingend erforderlich ist. Die Bremsscheiben mit 300 mm Durchmesser vorne und 180 mm hinten sind großzügig dimensioniert und sorgen jederzeit für ein sicheres Bremsgefühl. Rekuperation, also das Bremsen des Motors mit gleichzeitiger Energierückgewinnung, wird bei der Maeving nicht eingesetzt – dafür kann man bei vorausschauender Fahrweise sehr gut „segeln“ und weite Strecken rollen.

 

Gut zu wissen: Probefahrten & Service

Ein Nachteil des Direktvertriebs ist die begrenzte Möglichkeit für Probefahrten. Allerdings bietet Maeving auf seiner Website eine Übersicht über „Road-Shows“, bei denen das Unternehmen mit verschiedenen Modellen auf Messen oder regionalen Veranstaltungen vertreten ist und Probefahrten anbietet. Wie Maeving seine Modelle bei einem solchen Event präsentiert siehst du hier.


Maeving RM1S parkt zwischen weiteren Motorrädern

Eine weitere unkomplizierte Möglichkeit bietet die private Facebook-Gruppe „Maeving Owners Group Germany“. Viele stolze Besitzer aus dem deutschsprachigen Raum sind bereit, ihre privaten Maschinen zu präsentieren und für Probefahrten anzubieten. Da es hierbei jedoch keine rechtliche Absicherung gibt, ist besondere Vorsicht geboten. Zudem bietet die Gruppe eine gute Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, Fragen zu stellen und in Erfahrungsberichten zu stöbern.

Die Service-Techniker von Maeving sind deutschlandweit unterwegs, sodass eine Probefahrt nach vorheriger Absprache auch direkt vor Ort, zu Hause, möglich ist. Termine für Service- oder Reparaturarbeiten können ebenfalls per E-Mail oder Telefon vereinbart werden. Maeving empfiehlt eine erste Durchsicht nach 6 Monaten oder 1.000 km und anschließend einmal jährlich bzw. alle 5.000 km.

 


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Maeving RM1S: Fazit und Empfehlung

Die Maeving RM1S ist ein robustes, qualitativ hochwertiges und technisch einfach aufgebautes elektrisches Leichtkraftrad für eine Person. Es eignet sich hervorragend für tägliche Pendelstrecken und kurze Wochenendausflüge. Der anfänglich höhere Kaufpreis amortisiert sich schnell im Dauerbetrieb: Die Maeving ist steuerfrei und verbraucht im Schnitt nur 5 kWh Strom auf 100 km. Bei einem Haushaltsstrompreis von 30 Cent pro kWh ergibt sich ein Kostenfaktor von lediglich 1,50 Euro pro 100 km – günstiger als jeder Verbrenner.

Neben den etwa 200 Euro Wartungskosten pro Jahr entstehen lediglich Kosten für den Wechsel der Bremsflüssigkeit alle 2 bis 3 Jahre sowie für den Reifenwechsel (alle 5.000 bis 10.000 km, abhängig von der Fahrweise).

Mit seinen kompakten Maßen und den gutmütigen Fahreigenschaften eignet es sich besonders gut für Fahranfänger oder Motorrad-Wiedereinsteiger.

Das markante Retro-Design macht die Maeving RM1S zum echten Hingucker und wer weiß - vielleicht entwickelt sich Maeving zum elektrischen Nachfolger der beliebten Triumph Motorräder und erlangen ähnlichen Kult-Status?



voylt inside: Maeving arbeitet bereits an einem überarbeiteten Modell mit einer Sitzbank für zwei Personen, das jedoch voraussichtlich nicht vor 2026 auf den Markt kommen wird.



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Bilder: Remo Klawitter


Remo Klawitter ist seit vielen Jahren begeisterter e-Mobilist und testet neue und innovativer e-Fahrzeuge. Darüber berichtet er auf seinem Youtube-Kanal @ZeroPionier und auf der Internetseite der #Steckerbiker.

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